Der Lehrer als Begleiter

"Er [der Lehrer] muss passiv werden, damit das Kind aktiv werden kann."         Maria Montessori

In den bisherigen Ausführungen ist bereits deutlich geworden, dass Montessori-Lehrer*innen eine besondere Einstellung gegenüber kindlicher Entwicklung und schulischem Lernen einnehmen. Sie sind nicht mehr alleinige Lenker*innen und Führer*innen des Lernprozesses, sondern Unterstützer und Gehilfen, welche die vom Kind zu leistende Aufbauarbeit seiner Persönlichkeit mit Verständnis begleiten:

 

„Immer muss die Haltung des Lehrers die der Liebe bleiben. Dem Kind gehört der erste Platz, und der Lehrer folgt ihm und unterstützt es. (...) Er muss passiv werden, damit das Kind aktiv werden kann. Er muss dem Kind die Freiheit geben, sich äußern zu können; denn es gibt kein größeres Hindernis für die Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit als einen Erwachsenen, der mit seiner ganzen überlegenen Kraft gegen das Kind steht“ (Montessori 1985, 21).

 

Die erste Aufgabe des Lehrerteams besteht also darin, dem Kind gegenüber die richtige innere Einstellung einzunehmen. Dazu gehört unter anderem, Achtung und Würde vor der Person des Kindes sowie Vertrauen in seine Eigenaktivität und Entscheidungsfähigkeit zu haben. Im Folgenden werden weitere Aufgabenbereiche der Lehrer erläutert.

 

Vorbereitung und Pflege der Umgebung

Die Lehrer*innen sind dafür verantwortlich, dem Kind die richtige Umgebung zu bereiten. Sie müssen das den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schüler*innen entsprechende Material bereitstellen und für eine geordnete und saubere „vorbereitete Umgebung“ sorgen.

 

Lektionen

Das Lehrerteam hat die Aufgabe, den Schüler*innen in so genannten „Lektionen“ den Umgang mit dem Material zu zeigen. Damit verfolgt es das Ziel, dass ein Kind „seine Bildung allein fortzusetzen und aus eigenem Willen die Übungen zu wiederholen“ (Montessori 1992a, 62) vermag, so dass Hilfe immer weniger gebraucht wird. Montessori sagt dazu:

 

„Sie ist eine außerordentlich erfolgreiche Erzieherin, wenn sie sagen kann: ‘Die Kinder können alles allein tun, sie brauchen mich nicht.’ (...) ‚Ich habe diesen Lebenskräften Freiheit gegeben. Jetzt können sie vorangehen, sich entwickeln, während ich mich mehr und mehr zurückziehen kann“ (Montessori 1992b, 105).

 

Das richtige Maß an Hilfe

Die wesentliche Haltung der Lehrer*innen ist die Zurückhaltung, da so die freie Entfaltung des Kindes ermöglicht wird. Montessori stellt heraus, dass die grundsätzliche Haltung die des „Nichteingreifens“ sein sollte. Doch dieses „Nichteingreifen“ bezieht sich nur auf Kinder, die bereits in der Lage sind, konzentriert zu arbeiten. Jenen Kindern, denen das noch nicht gelingt, erfahren eine helfende Lenkung durch das Lehrpersonal. Sobald erkannt wird, welches Kind Hilfe benötigt, muss das richtige Maß gefunden werden.

 

Eine mögliche Hilfe besteht in der Einschränkung des Materials. Auch kann das Lehrpersonal den Schüler*innen bei der Wahl der Tätigkeit unterstützen oder ein tägliches Pensum mit ihnen vereinbaren. Die Bereitstellung von individuellem Material, das dem momentanen Interesse der Schülerinnen und Schüler entspricht, kann helfen, zu konzentrierter Arbeit zu gelangen.